Zurück in die Pubertät!

Nach einigen Jahren ohne Jugend in meinem Haus komme ich nun in den Genuss, wieder in die Erlebniswelt junger Menschen eintauchen zu dürfen. Und ich kann gar nicht glauben, wie schnell sich manche Dinge in nur relativ kurzer Zeit verändern können.

Etwaige Unschärfen bezüglich der Aufnahmequalität bedauere ich und bitte um Nachsicht.

Die schriftliche Version dieses Beitrags finden Sie ab Freitag Abend auf http://freie-journalistin.at/texten/blog

„Ohne Krise kapieren wir es nicht“

Wer etwas verändert, zerstört auch immer etwas. Und das kann eine befreiende Erfahrung sein, sagt Sabine Wagenhofer. Die Vernunft fahren lässt sie nur bis zu einem gewissen Punkt.

VOLL50: Was muss passieren, damit frau mit voll50 in die Erneuerung geht?
SABINE WAGENHOFER: Etwas gravierendes, glaube ich. Bei den meisten muss vermutlich ein einschneidendes Erlebnis passieren, damit sie aus der Komfortzone, in der frau meistens mit 50 lebt, herauskommt. Nur wenn etwas Gravierendes passiert, bringt eine ins Nachdenken: Will ich jetzt so weiter machen oder ändere ich etwas? Anders kapieren wir es vermutlich nicht. Ich definitiv nicht. Ich brauche immer meine drei Ohrfeigen, bis ich etwas checke. Andere brauchen vielleicht nicht so viele. Bei mir war es halt das Burnout, das mir den Weg gewiesen hat – und da war ich noch gar nicht 50. Und wenn ich recht überlege, kenne ich tatsächlich auch Frauen, bei denen etwas passiert ist, etwa weil ihnen der Mann weggelaufen ist. Ich glaube, die wenigstens kommen ganz von alleine drauf, dass sie eine Situation ändern.

Ich habe bei einer guten Freundin erlebt, dass die Kinder aus dem Haus waren, und dann hat sie gemerkt, dass die Ehe auch nicht mehr passt, weil immer die Kinder im Mittelpunkt gestanden sind. Und dann kam das böse Erwachen. Was tue ich jetzt mit mir selbst?

VOLL50: Wie viel Zerstörungsenergie ist dabei im Spiel?
SABINE WAGENHOFER: Das ist eine gemeine Frage. Ohne eine gewisse Zerstörungsenergie geht es meiner Meinung nach nicht. In meinem Fall war vielleicht unterbewusst diese Energie aktiv, aber ich bin generell kein Zerstörmensch. Aber klar, frau zerstört das bestehende Leben, wenn sie sich erneuert. Was habe ich zerstört? Freundschaften, einige. Auch Einstellungen natürlich, aber eher in dem Sinne, dass ich sie aufgegeben habe. Weil ich immer die Brave, Liebe, Nette war, die immer zu allem ‚Ja‘ und ‚Amen‘ gesagt hat. Und irgendwann einmal bin ich für meine Einstellung eingestanden. Also habe ich sicher auf für andere die Einstellung zerstört, die sie zu mir hatten. Das wurde mir ja dann auch vorgeworfen, dass ich mich so verändert hätte. Das war am Anfang kein gutes Gefühl, aber ich dachte mir dann, dass Veränderung ohne Verluste nicht geht. Und irgendwann einmal war ich an dem Punkt, wo ich mir dachte: Entweder sie akzeptieren mich so, wie ich jetzt bin – weil das ist ja mein wahres Ich und nicht das verstellte aus der Vergangenheit – oder wir passen einfach nicht zusammen. Fertig. Aber das hat eine Zeitlang gedauert, bis ich das gecheckt habe.

VOLL50: Welche Kraft liegt mit voll50 in enttäuschter Hoffnung?
SABINE WAGENHOFER: Bei mir persönlich nicht so viel. Ich bin generell ein Mensch, der hunderttausend Ideen hat. Und ich probiere etwas, und wenn das nicht klappt, kommt die nächste Idee dran. So war ich immer schon, stets optimistisch und positiv. Ich habe so viele Ohrfeigen gekriegt, und klar habe ich auch Phasen gehabt, wo es mir richtig dreckig gegangen ist. Allerdings kann ich mich sehr schnell wieder selbst aufbauen. Und ich gehe dann in den „Jetzt erst recht“-Modus. Stell Dich gerade hin, schminkst Dich und ziehst etwas Schönes an, auch wenn’s Dir noch so scheiße geht. Und für diese Gabe bin ich wirklich megadankbar. Ich hatte auch im Burnout nicht das Problem, dass ich in die Depression gefallen bin. Das haben damals auch alle Therapeuten bestätigt.

Zur Hoffnung zurück: Wenn ich etwas nicht probiere, weiß ich nicht, ob etwas funktioniert. Ich probiere alles, aber ich stecke nicht zu viel Energie und Kraft hinein. Wenn es nicht klappt, denke ich mir, dass es eben nicht das Richtige war. Bei der Vielzahl an Ideen wird sicher die passende dabei sein.

VOLL50: Wie viel innerer Dialog ist für einen äußeren Dialog nötig?
SABINE WAGENHOFER: Ich bin zu intuitiv und spontan für innere Dialoge. Natürlich habe ich sie auch, aber nicht gravierend. Ich habe die Prägung durch das Geschäft meiner Eltern, dass ich immer zu lachen hatte, immer zu grüßen hatt, immer freundlich zu sein hatte. Und irgendwann einmal wollte ich das nicht mehr, weil mir durchs Leben das Lachen vergangen ist. Und das war der Zeitpunkt, wo ich auch etwas geändert habe. Im Grunde gibt es insofern so auch bei mir innere und äußere Dialoge, aber die beiden wachsen mehr und mehr zusammen. Vor allem bei den Dingen, die mir am Herzen liegen. Mein Mann sagt in solchen Situationen dann immer: ‚Denken vor Reden‘.

VOLL50: Wann darf frau mit voll50 auch einmal die Vernunft fahren lassen?
SABINE WAGENHOFER: Immer. Im Endeffekt sind wir alle sehr vernünftig, wie wir leben. Doch gerade deshalb können wir die kleinen Vogelgeschichten, die wir alle haben, kann frau ruhig rauslassen. Das macht das Leben lustiger und bunter.

Andererseits: Es ist gut und schön, dass frau auf sich schauen sollte. Das ist ja in den vergangenen Jahren ein großes Thema geworden. Trotzdem leben wir auf einem Planeten, wo es auch noch andere Menschen gibt. Es gibt einfach Menschen, wo nur noch das ‚Ich‘ zählt, und so funktioniert Gemeinschaft aber nicht. Respekt und Wertschätzung müssen immer vorhanden sein, und dass ich niemanden beleidige oder/und verletze. Das ist für mich die Grenze für Unvernunft. Ich bin seit 33 Jahren verheiratet, und Beziehung ist immer Arbeit. Und da geht es halt nicht mit dem Ego-Trip. Ich habe einen Partner und berücksichtigen, was er will, auch wenn es nicht meins ist. Aber er macht ja dafür auch etwas, wo er mir entgegen kommt.

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„Die Nähe zu mir selbst ist ein wunderbares Gefühl“

Von emotionalem Rückzug hält Carmen Dallarosa mindestens genauso wenig wie davon, eine Partnerschaft zu priorisieren. Und doch kann sie sich eine Art „Pensionsvorsorge“ vorstellen.

VOLL50: Wann ist Zynismus gesünder als Einfühlsamkeit?
CARMEN DALLAROSA: Grundsätzlich finde ich zynisch zu sein nicht gesund. Warum? Wenn ich mir nichts Gutes tue, dann kann das für mich nicht gesund sein. Wenn ich in einem Gespräch mit meinem Gegenüber mit beißendem Spott daher komme und eventuell auch noch dessen Gefühle missachte, bringt mich das nicht weiter, als dass ich meine negativen Gefühle entlade. Dabei frage ich mich, ob ich nicht lieber meinen Zynismus bei meiner Katze oder bei meinen Pflanzen deponiere, um niemanden zu verletzen. Daher wäre natürlich Einfühlsamkeit die bessere Wahl, um ein harmonisches Miteinander zu pflegen. Dennoch bin ich ein weibliches Wesen mit Emotionen, die auf einmal hochkommen und ich sie auch nicht immer kontrollieren kann und will.

Somit passiert es auch mir, dass ich meinen Zynismus an anderen auslebe, ob ich will oder nicht. Ich entlade mich, und es geht mir dann besser, weil ich es ausgesprochen habe. Ich teile mich mit, ich kommuniziere. Das ist mein Ziel. Sollte ich das nicht tun, akzeptiere ich nur, und DAS ist nicht gesund! Wann ist es also gesünder zynisch als einfühlsam zu sein? Vielleicht dann, wenn die Einfühlsamkeit nicht mehr wahrgenommen wird. Zynisch gesagt, wenn das Gegenüber empathielos, ohne jegliches Mitgefühl, ist. Dabei kann ich sogar mit Zynismus nicht verletzen, aber es wird eher verstanden, und ich erreiche so mein kommunikatives Ziel, mich mitzuteilen und nicht nur zu akzeptieren. Eine Frau – ein Wort – viel Kraft!

VOLL50: Warum sollte Frau mit voll50 einer Partnerschaft immer noch die erste Stelle der Prioritätenliste einräumen?
CARMEN DALLAROSA: Egal ob ich 20, 30 oder 50 Jahre bin, ich sollte es nicht tun! Ich tat es trotzdem. Mit 20 wollte ich Erfahrungen mit Männern und dem Zusammenleben machen. Mit 30 wollte ich eine Familie gründen und mit knapp 50 wollte ich nicht alleine sein – man könnte auch Pensionsvorsorge dazu sagen! 🙂

Vor kurzem hatte ich aber die Erleuchtung. Denn grundsätzlich ist es egal, wie alt Frau ist. Auf der Prioritätenliste jeglichen Alters sollte Selbstbestimmung, Unabhängigkeit, Zufriedenheit und Selbstwert stehen. Erst wenn die Frau sich diese Prioritäten erfüllt hat, kann sie in eine gesunde und glückliche Beziehung gehen und wird die obengenannten Prioritäten niemals mehr verlieren. Vielleicht kommt ihr der Partner wieder mal abhanden, doch der Selbstwert und die damit verbundene Zufriedenheit bleibt! Dieses wunderbare Gefühl, sich selbst zu genügen, ist pures Glück. Es fühlt sich einfach gut an, und viele Probleme werden zu Herausforderungen, die durch diese gewonnene Stärke gemeistert werden können. Die Leichtigkeit, durch beseitigen des Mangels, hält Einzug! Schön wäre es trotzdem, mit dem gewonnen Selbstwert, eine wunderschöne auf Augenhöhe basierende Partnerschaft zu leben!

VOLL50: Was braucht Frau, um Selbstachtung zu zelebrieren
CARMEN DALLAROSA: Da möchte ich eine Liste anführen, die mir in letzter Zeit sehr geholfen hat und die es treffend beschreibt, was ich dafür tun kann, um in meinen Selbstwert zu kommen und ihn zu wahren:

* Wenn es sich falsch anfühlt, tu es nicht.

* Sag exakt das, was du meinst.

* Mache es anderen nicht immer recht. Mache es dir recht!

* Vertraue deinem Instinkt.

* Sprich nie schlecht über dich selbst.

* Gib niemals deine Träume auf.

* Scheue dich nicht „nein“ zu sagen.

* Scheue dich nicht „ja“ zu sagen.

* Sei gütig zu dir selbst.

* Lasse los, was du nicht kontrollieren kannst.

* Halte dich fern von Drama und Negativität.

* Liebe!

Und wenn ich diese Liste immer wieder mal durchlese, nippe ich dabei an meinem Glas Rotwein und höre FM4! 🙂 Yeah!

VOLL50: Emotionaler Rückzug – nimmt dieser Zug mit voll50 fahrt auf?
CARMEN DALLAROSA: NEIN, im Gegenteil. Ich lasse zurzeit meinen Gefühlen freien Lauf. Manchmal knalle ich hart auf meine Nase. Stehe aber gleich wieder auf, putze meine Nase, zelebriere die Liste der Selbstachtung und teile meine Gefühle der Welt mit. Das mache ich so lange, bis meine Gefühle erhört und erwidert werden, und dann lege ich erst richtig los! Ich trage mein Herz und mein loses Mundwerk auf der Zunge – was raus muss, muss raus! Ich möchte mich mitteilen, zeigen, wie toll ich mit 50 Jahren bin, wie verrückt ich sein darf, weil ich es mir erlaubt habe, und wie schön es sein kann, wenn Frau Gefühle hat und sie zeigen kann. Wer sich emotional zurückzieht, tut mir leid, der lebt nicht. Ich möchte mich mit Gefühlen ausdrücken. Meine Freude, aber auch meine Traurigkeit ausleben. Erst wenn ich Gefühle leben darf, ist es für mich ein wertvolles, zufriedenes Leben!

VOLL50: Welchen ersten Schritt sollte Frau gehen, um Sehnsüchte und Wünsche umzusetzen?
CARMEN DALLAROSA: Den Selbstwert muss sie erkennen, ihn leben & lieben! Alle Menschen und alle Erlebnisse, gute wie schlechte, haben mich auf meinen Weg zu meinem wertvollen Selbst begleitet. Alleine im stillen Kämmerlein hätte ich das nicht geschafft. Diese Erlebnisse habe ich selbstreflektierend betrachtet, meine Gefühle zugelassen und die Erkenntnis manifestiert. So entsteht „Selbstliebe“. Diese Selbstliebe hat mir erst meine wahren Sehnsüchte und Wünsche eröffnet, und ich komme ihnen immer näher! Die Nähe zu mir selbst ist ein wunderbares Gefühl. Es lässt mich nie so fühlen, als wäre ich alleine. Das bin ich ja auch nicht. Manchmal spreche ich mit meinem Selbst und sage dann: „Ich hab dich und du hast mich! Wollen wir Musik hören?“

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