Erleben, um zu begreifen


Es ist nicht genug, zu sehen, wie fein es ist, „voll50“ zu sein. Deshalb will Ulrike Swoboda ein Vorbild dafür sein.

VOLL50: Von wem kann man mit „voll50“ Kritik gut annehmen?

Ulrike Swoboda: Nehmen, wenn diese respektvoll und achtsam ist, gelingt zu 85 Prozent – also quasi mehr als perfekt. Und gelernt habe ich auch das genaue Hinhören. Das Begreifen des Anliegens, welches hinter der Kritik steckt. Das ja auch verstanden werden will. Das schönste am „voll 50-SEIN“ – finde ich – ist, dass ich Kritik nicht mehr so persönlich nehme und es keine Erschütterung meiner Selbst gibt.

VOLL50: Von welcher Art von Berechnung hast du dich verabschiedet?

Ulrike Swoboda: Von meiner Berechnung, was ich an Pension bekommen werde;-)

VOLL50: Wo sollte man sich mit „voll50“ unbedingt herumtreiben?

Ulrike Swoboda: Dort, wo es Spaß macht, dort wo es lustig ist, dort, wo frau über sich und andere lernen und lachen kann, dort wo frau die eigenen Grenzen kennenlernt und vielleicht sogar erweitert, dort wo es leicht ist. Alles andere treibt sowieso von allein ins Leben herein

VOLL50: Wie reinigst du deinen Geist?

Ulrike Swoboda: Da habe ich unterschiedliche Strategien: entweder mit Musik oder indem ich mich auf den Boden lege und die Beine zehn Minuten an der Wand in die Höhe strecke, oder in dem ich mich in Gedanken ans Meer setze und dem Rhythmus der Wellen lausche und natürlich auch, indem ich die Natur bewusst erlebe, langsam oder schnell durch die Natur schreite – das Tempo dann je nach Laune und Energie und Notwendigkeit.

VOLL50: Welche Erfahrung sollte eine „voll50“-Frau unbedingt weitergeben?

Ulrike Swoboda: Dass es fein ist, „voll 50“-Frau zu sein. Das müssen Menschen im Umfeld sehen und erleben, um zu begreifen. Kognitives Weitergeben und Erklären funktioniert da nicht. Ich hoffe, dass es mir öfter gelingt, hier ein positives Zielbild zu sein.

Fünf Sterne für die Selbstliebe

Manchmal muss man gehen, um zu sich selbst zu finden. Und manchmal muss man in den sauren Apfel beißen, um ein süßes Leben zu genießen, sagt Voll50-Frau Angie Leutner.

VOLL50: Wem oder was würdest du fünf Sterne geben?

Angie Leutner: Ehrlich gesagt, mir selbst. Ich habe eine wundervolle Tochter, ein Haus und auch sonst alles, was man zu einem glücklichen Leben benötigt. Und ich habe es durch meine eigene Kraft soweit gebracht!

VOLL50: Wovor sollte man sich mit „voll50“ schützen gelernt haben?

Angie Leutner: Ich denke, dass es das Wichtigste ist, dass man gelernt hat, auch mal „Nein“ zu sagen.

VOLL50: Auf welche Art von Freiheit kannst du nur schwer verzichten?

Angie Leutner: Ich glaube, es gibt mit voll50 sehr viele Frauen, die unter dem Druck eines Mannes stehen – und somit wenig bis gar keine Freiheit haben. Ich gehöre da gottseidank nicht dazu. Aber das liegt auch daran, dass ich „STOP“ sagen kann. Ich habe das Glück, auf nichts verzichten zu müssen, obwohl ich jeden Tag in meinem Job fahre, wo ich nicht sehr glücklich bin. Doch dort verdiene ich so gut, dass ich mir mein schönes Leben auch alleine leisten kann.

VOLL50: Wann ist das leben eher ein Hürdenlauf – mit voll40 oder mit voll50?

Angie Leutner: Ich denke, dass das nicht wirklich mit dem Alter zu tun hat. Obwohl: Wenn man mit voll50 so verrückt ist wie ich, wird man manchmal schon ein wenig schief angesehen. Ich habe immer noch meine Hobbys: Tanzen, Tauchen, Motorrad und Motorboot fahren.

VOLL50: Was war das wichtigste, was du in deinem Leben niedergerissen hast?

Angie Leutner: Meine erste Ehe mit dem Vater meiner Tochter. Nur so konnten wir die Achtung voreinander und füreinander wieder herstellen. Wir sind heute gute Freunde und dafür bin ich sehr dankbar. Und für meine Tochter ist er der beste Dad, den man sich als Mutter wünschen kann.

Die Oberfläche durchdringen

Gewisse Worte verlieren an Aktualität, gewisse Äußerlichkeiten an Wichtigkeit, sagt „Voll50“-Frau Nicole Berkmann. Humor kann man allerdings nie genug haben.

VOLL50: Wann bleibt der Verstand an der Oberfläche?

NICOLE BERKMANN: Ist der eigentlich jemals wirklich an der Oberfläche oder wird er nur in manchen Situationen zugeschaltet?

VOLL50: Welche Wahrnehmungsschwäche leistest du dir mit „voll50“?

NICOLE BERKMANN: Über diese Frage musste ich echt lange nachdenken. Gefunden habe ich folgendes: Ich bin ein visueller Mensch und mag alles, was die Augen vom goldenen Überfluss der schönen Welt trinken können (nach Gottfried Keller). Aber mit zunehmendem Alter ist mir bei Menschen das Äußere nicht mehr so wichtig, ich schaue immer mehr durch die Hülle hindurch. Ich leiste mir, die Wahrnehmungsschwäche Gwand und vor allem Klimbim nicht mehr in aller Deutlichkeit zu sehen.

VOLL50: Gibt es Worte, aus denen man rauswächst?

NICOLE BERKMANN: Vaubrik und Benton sind zwei Worte, die ich als Kind gesagt habe, weil sich mir Fabrik und Beton einfach nicht erschlossen haben. Walkman ist ein Wort, das ich als Jugendliche benutzt habe und man heute nicht einmal mehr weiß, was das war. In den 20ern habe ich während meines Studiums viele lateinische Pflanzennamen in meinen Kopf gehämmert, die ich trotzdem heute großteils nicht mehr weiß. In den 30ern war Karriereschritt ganz wichtig.

VOLL50: Wird man mit „voll50“ empfänglicher für Humor?

NICOLE BERKMANN: Kann man mit Anfang 20 über Speckröllchen am (eigenen) Bauch oder doofe Sprüche (anderer) lachen? Mit voll50 kann man sogar Tränen darüber lachen.

VOLL50: Was ist wichtiger – Bewusstsein oder Wissen?

Gute und wichtige Ideen kommen wieder

Voll erwachsen erlebt sich Britta Mühlbauer. Und sie feiert ihre Narben, offene Kreise und eine neue Dynamik.

VOLL50: Was macht mit voll50 glückselig?

BRITTA MÜHLBAUER: Mein Äquivalent zur Glückseligkeit ist Dankbarkeit. Ein sehr intensives Gefühl, wenn es mir gut geht. Ich bin dankbar dafür, wie mein Leben bisher verlaufen ist, was mir geschenkt wurde, was mir zugeflogen ist, was ich kann, was ich geschafft habe und was noch offen ist. Auch das ist wichtig, dass es einen Blick in die Zukunft gibt, dass noch nicht alles erreicht ist.

VOLL50: Welche Bande muss man durchschneiden?

BRITTA MÜHLBAUER: Als loyaler Mensch fällt es mir schwer, Bande durchzuschneiden. Ich lasse locker oder lasse los. Vor allem Dinge und Menschen, bei denen mehr Energie abfließt als zurückkommt. Was früher schwierig war, die Bande zur Vergangenheit neu zu definieren, aus Rollen herauszutreten, die sich über Jahre ausgeformt hatten, ist inzwischen einfach geworden. Wenn ich Leute von früher treffe – KlassenkameradInnen, StudienkollegInnen, die ich längere Zeit nicht gesehen habe – bin ich, wer ich bin, nicht wer ich war. Voll erwachsen halt.

VOLL50: Darf man mit voll50 Narben auch feiern?

BRITTA MÜHLBAUER: Auf jeden Fall! Narben erinnern daran, was man hinter sich gelassen hat, wo es eng war, was hätte schief gehen können und an das, was man daraus gelernt hat.

VOLL50: Wie lässt sich ein Kreis schließen?

BRITTA MÜHLBAUER: Im Leben bleibt vieles offen. Dinge, die man lernen wollte, Orte, die man besuchen, Sachen, die man ausprobieren, Beziehungen, die man vertiefen wollte etc. Mit dreißig, vierzig hielt ich das für verpasste Gelegenheiten. Inzwischen weiß ich, dass die wichtigen Dinge immer wieder auftauchen und ich an Offenes anknüpfen und es weiterverfolgen kann. Mit der Musik und dem Unterrichten zum Beispiel unterhalte ich eine lange On-Off-Beziehung. Manchmal musiziere ich mehr, manchmal weniger, manchmal unterrichte ich ein paar Jahre, dann ist es wieder genug. Auch beim Schreiben gibt es Themen und Ideen, die immer wieder auftauchen. Deshalb habe ich auch keine Panik mehr, wenn ich eine Idee nicht gleich notieren kann. Wenn sie gut und wichtig ist, kommt sie wieder.

VOLL50: In welchem Bereich ist man mit voll50 dynamisch?

BRITTA MÜHLBAUER: In Situationen, die ein adäquates Selbstbewusstsein verlangen, bin ich offensiver als früher. Wenn mich jemand lobt, bedanke ich mich, statt zu relativieren, ich melde mich, wenn ich etwas haben möchte und wenn sich die Gelegenheit bietet, trete ich ins Scheinwerferlicht, statt mich zu verstecken. 

www.brittamuehlbauer.at

Vom Salz in der Suppe

Eine Voll50-Frau kann alles: Motorradfahren, Abtanzen, Ruhe genießen. Sagt Daniela Halbedel.

VOLL50: Woran orientiert sich heutzutage eine voll50-Frau, wenn sie keine voll50-Frau der vergangenen Jahrzehnte sein will?

DANIELA HALBEDEL: Ich finde, man sollte sich in seinem Leben sowieso nicht allzu viel an anderen orientieren. Jede Frau ist eine eigenständige Persönlichkeit, gereift durch viele Lebenserfahrungen. Sicherlich wird uns ein Grundgerüst unserer Persönlichkeit durch unsere Eltern, unsere Erziehung und unsere Umwelt mitgegeben. Wir Frauen in Österreich leben aber in der glücklichen Lage, unser Leben und somit unsere Persönlichkeit selbst bestimmen zu können. Daher steht es uns frei, unsere eigene Entwicklung selbst in die Hand zu nehmen.

Seit der Antike gibt es immer wieder erfolgreiche Frauen, die sich gegen Ungerechtigkeiten wehren, durch Politik die Welt verändern oder in der Wissenschaft tätig sind. Dazu fallen mir spontan Cleopatra, Katharina die Große, Maria Theresia, Madame Curie, Berta von Suttner, Mutter Teresa ein. Aus diesem Grund ist es auch kein Nachteil, wenn wir uns auch an Frauen, die in der Vergangenheit lebten, orientieren, ebenso wie an interessanten Persönlichkeiten der Gegenwart.

Eine Voll50-Frau der Gegenwart und Zukunft ist also für mich eine selbstbewusste Frau, die weiß, was sie will und sich auf ihrem Weg nicht beirren lässt.

VOLL50: Welche Löcher müssen nicht mehr gestopft werden?

DANIELA HALBEDEL: Mit voll50 verdient man genug, um über die Runden zu kommen, man hat ein gemütliches Heim, kann auf Urlaub fahren und muss nicht mehr unbedingt jeden Cent drei Mal umdrehen. Man hat auch die Freiheit und Möglichkeit, sich nicht mehr an alles und jeden anpassen zu müssen und kann auf die Meinung Andersdenkender pfeifen. Das Bedürfnis, jedem zu gefallen, ist nicht mehr vorhanden. Es ist einfach nicht mehr wichtig, überall dabei zu sein, Qualität wird wichtiger als Quantität.

VOLL50: Was verleiht einer voll50-Frau Flügel?

DANIELA HALBEDEL: Ich fühle mich glücklich, wenn ich meine Freunde treffen kann, um zu plaudern und Spaß miteinander zu haben. Gerne bei einem Glas gutem Rotwein und feinen Essen. Aber auch gute Musik oder schöne Konzerte oder mal Abtanzen bis in den Morgen gehört zu meinem Lebensglück. Ebenso verleiht mir ein Motorradausflug mit Freunden ins nahe Wald- Most- Mühl- oder Weinviertel „Flügel“. Ich liebe es mit dem Motorrad durch die Hügellandschaften zu cruisen und die Düfte der Umgebung aufzusaugen, um bei Zwischenstopps die Vielfalt unserer Heimat kennen zu lernen.

Genauso beflügeln mich Reisen in ferne Länder, um in die Sitten und Gebräuche anderer Kulturen einzutauchen und neue Aspekte des Seins zu erfahren.

Hin und wieder ziehe ich mich gerne zurück, um in Ruhe ein gutes Buch zu lesen oder einfach nur, um meine Gedanken schweifen zu lassen. Ruhe kann etwas Wunderbares sein.

VOLL50: Worüber kannst Du nur mehr lachen?

DANIELA HALBEDEL: In jungen Jahren wollte ich angepasst sein, keine Fehler machen, das Leben vorplanen, keine Kompromisse eingehen, schlank sein, es jedem recht machen. Mit voll50 habe ich gelernt, mich nicht zu verbiegen und mich anzunehmen wie ich bin. Ich akzeptiere, dass nicht immer alles so ist, wie ich es will, aber jeder hat ein Recht auf seine eigene Meinung, Ansicht und Lebensweise.

Ich habe gelernt, dass gerade das Unvorhergesehene oft das Spannende und Prägende ist, sozusagen das Salz in der Suppe. Heute freue ich mich auf die Zukunft und weiß, dass noch viele tolle Dinge auf mich zukommen werden.

VOLL50: Wann sollte eine voll50-Frau gewissenlos sein?

DANIELA HALBEDEL: Das ist eine Frage die ich so nicht beantworten kann:
Gewissenlos bedeutet für mich „über Leichen zu gehen“,
also ohne Rücksichtnahme auf Verluste vorzugehen und anderen Individuen seinen Willen aufzudrücken, koste es was es wolle – und das kann ich nicht befürworten. Ich bin der Ansicht, dass man in seinem Leben auch eine Verantwortung gegenüber anderen Menschen hat. Falls mit gewissenlos jedoch hemmungslos gemeint ist, dann bin ich es immer dann, wenn es mir gut dabei geht, was immer es auch das sein mag.

www.numismatik.eu

„Erleichtert, dass mir nichts gehört“

Brigitta Höpler spricht über das Open End, das Hineinleben ins Wohlwollen und fliegende Teppiche aus Worten.

VOLL50: Wann faltest Du Deine Hände?

BRIGITTA HÖPLER: „Nie“ wollte ich sofort schrei(b)en. Wegen meiner ersten Assoziation zur Frage: „Hände falten, Goschn halten“. Abgesehen davon falte ich meine Hände, wenn sie kalt sind, in der Manteltasche. Wenn sie einen kleinen, runden Stein oder eine Kastanie halten.

VOLL50: Welches Happyend braucht man mit voll50 auf jeden Fall?

BRIGITTA HÖPLER: Happy End ist für mich ein Filmbegriff. Ich bevorzuge allerdings Filme mit Open End, oder mit schrägem, ungewöhnlichem Ende. Immer kostbarer wird mir das „Augenblicksglück“, ein Begriff der Dichterin Rose Ausländer.

VOLL50: Was bedeutet es für Dich, in den Sternenhimmel zu schauen?

BRIGITTA HÖPLER: Ich liege auf sonnenwarmen Steinen auf der Insel Losinj. Schaue in die Sterne, die Milchstraße, die Sternschnuppen. Sterne und Steine waren lange vor mir da und werden lange nach mir da sein. Das ist beruhigend, relativierend, tröstend. Und hat etwas Schwereloses.

VOLL50: Welcher Sinn ist mit voll50 bedeutsamer als mit voll30?

BRIGITTA HÖPLER: Mit 30 dachte ich, mir gehört die Welt, und das Wollen war so drängend. Mit 50 bin ich dermaßen erleichtert, dass mir nichts gehört. Ich wünsche mir, in ein Wohlwollen hineinzuleben, auch und vor allem mir selbst gegenüber. Mein Adventkalender (von einem Berliner Verlag) weiß das offenbar. Hinter der ersten Tür lese ich einen Gedanken von Clara Luise: „Als ich begann, nicht mehr so hart zu mir selbst zu sein, wurde auch der Rest der Welt sanfter.“

VOLL50: Wo hast Du Deinen Platz gefunden?

BRIGITTA HÖPLER: In Worten. Worte geben mir ein Dach über dem Kopf und Boden unter den Füßen. Sie verbinden, verbünden mich mit den Dingen, den Wesen, den Erscheinungen. Sie wärmen und beschützen mich, sind allerdings auch fliegende Teppiche, mit denen ich mich auf und davon mache.

www.brigittahoepler.at

„Anpassen – wozu und für wen?“

Von schwachen Männern, Wolkenbildern und zwei Liedern, die sie begleiten, erzählt Bettina Stein-Geba.

VOLL50: Welche Art von Bewegung ist dir die liebste?

BETTINA STEIN: Als Kind bin ich mit unseren Eltern immer wandern und Skifahren gewesen und irgendwie habe ich es gehasst. Es war einfach nicht lustig, den Berg rauf und wieder runter zu gehen. Dann habe ich das Schwimmen entdeckt und war sogar in der Jugendliga.

Noch heute vergesse ich dabei Raum und Zeit, wenn ich im Wasser bin. Mein Körper ist leicht und wird vom Wasser getragen und gestreichelt. Beim Rückenschwimmen schaue ich in den Himmel und denke nichts oder wenn meine Kinder dabei sind, raten wir Figuren in den Wolken und erzählen uns gegenseitig Geschichten, was sich da oberhalb von uns abspielt.

VOLL50: Worüber kann man mit voll50 lachen, über das man mit voll30 noch geweint hat?

BETTINA STEIN: Oh meine Güte, ist das eine schwere Frage! Ich weiß nur, dass ich nie wieder 30 sein möchte. Da war ich alleinerziehend mit einem einjährigen Schreikind, keinen Mann, kein Job und kein Geld. Ich weiß bis heute nicht, woher ich die Energie hatte, aber in dieser Zeit gründete ich mein Unternehmen. In meiner beruflichen Laufbahn hatte ich immer Glück, doch meine Männerwahl war eine Katastrophe. Meine Vision und Traum war immer, dass ich in einer großen Villa in der Nähe vom Wasser wohne, einen super tollen Mann an meiner Seite und vier Kinder habe. Alles soll harmonisch, ausgeglichen sein, keinen Stress und keine Streitereien geben. Doch Träume werden nicht immer so in die Realität umgesetzt! Ich hatte eine sehr schwere Zwillingsschwangerschaft, da bin ich zwölf Wochen im Spital gelegen. Leider habe ich bei der Geburt ein Mädchen verloren. Mein Jüngster – heute 10 Jahre alt -,  wäre fast auf der Neonatologie gestorben, wenn ich ihn nicht auf Revers rausgeholt hätte.  Meine Männer waren immer zu schwach für mich. Bei jedem Problem haben sie mich allein gelassen. Darum will ich nicht mehr jünger sein – keine 30 und keine 40 mehr!

Heute mit bald 52 Jahren habe ich gefunden, was ich mit gewünscht hatte. Vor zwei Jahren habe ich das dritte Mal geheiratet, meine vier Kinder sind mein Ein und Alles und uns verbindet ein unglaubliches Band miteinander. Ich bin eine Mischung aus Freundin und Mama für sie und sie wissen, dass ich für sie durchs Feuer gehe. Mit meinem jetzigen Mann habe ich keine gemeinsamen Kinder- vielleicht ist das das Geheimnis einer glücklichen Beziehung?  Sprich meine Träume sind in einer abgeänderten Version wahr geworden.

VOLL50: Woran passt du dich gerne an?

BETTINA STEIN: Ich will mich nicht anpassen. Wozu und für wen? Entweder man liebt mich oder man hasst mich!

VOLL50: Muss man mit voll50 wissen, wohin die Reise geht?

BETTINA STEIN: Ich coache Frauen in diesem Bereich und wir machen fast immer eine Biografie und Visionsarbeit – wohin gehe ich, was will ich, aus welcher Ausfahrt meines Kreisverkehrs biege ich ab? Das Wichtigste ist, dass dein Herz dir zeigt, wohin du gehen sollst. „Geh wohin dein Herz dich treibt!“ – hinterfrage es nur immer wieder und reflektiere dich, ob es dir gut geht. Wenn es dir gut geht, dann geht es deinem nahen Umfeld ebenfalls gut!

VOLL50: Welches Lied drückt dein momentanes Lebensgefühl aus?

BETTINA STEIN: Da gibt es zwei Lieder:  „Guten Morgen Freiheit“ von Yvonne Catterfeld und „In meinem Leben“ von Nena, denn die meisten Frauen ab einem gewissen Alter, finden sich in diesem Lied wieder. „In meinem Leben bin ich oft geflogen, tief gefallen aber auch manchmal ertrunken – ich habe gegeben, ich habe genommen – ich bin mir nah und mir immer wieder fremd. Ich will nicht arm sein, und Geld macht mich nicht reich, manchmal ist das Leben schwer, ich habe gelacht und geweint und habe herausgefunden, was mich schöner macht.

www.bic.cc 

„In voll Fünfzig Zügen“

Andrea Steinwender

Was das Ur-Übel mancher Probleme der Zeit ist, warum Vernunft nie sexy ist und an welchen Grenzen sich die Geister scheiden, erzählt Andrea Steinwender.

VOLL50: Haben mit voll50 Begierden und Begehrlichkeiten ausgedient? Falls nein, warum nicht?

ANDREA STEINWENDER:  Sollte ich mit 50 keine Begierden oder Begehrlichkeiten mehr haben, wäre ich doch praktisch tot. Natürlich verändern sich diese im Laufe des Lebens, Begierden aus den 20er und 30ern haben sicher nicht mehr den Stellenwert von damals, die Entwicklung eines Menschen verändert diesen selbst genauso wie seine Begierden. Ich nehme mich nicht mehr so ernst und gebe mich manchen Begehrlichkeiten gerne hin, ohne groß darüber nachzudenken – und genieße sie. Schließlich hatte ich 50 Jahre Zeit, abzuwägen und darüber nachzudenken – jetzt genieße ich – zum Beispiel eine meiner Begehrlichkeiten, die in den letzten 20 Jahren zu kurz kam: mir mehr Zeit für mich selbst zu nehmen, in „voll Fünfzig Zügen“.

VOLL50: Worüber kannst du dich noch aufregen?

ANDREA STEINWENDER: Es gibt eigentlich nur eines, worüber ich mich wahnsinnig aufrege: dass eine Kategorie von Menschen denken, sie sei wertvoller als andere und dass ihre Wahrheiten die einzig Richtigen wären. Sei es die Hautfarbe, die Herkunft oder auch die Religion. Wir sind alle gleichwertige Menschen, egal woher wir kommen, welche Hautfarbe, Kultur oder Religion wir haben. Diese engstirnigen Menschen sind für mich wirklich das Ur-Übel so mancher Probleme in unserer Welt, und offenbar lernen wir leider nicht viel aus der Geschichte, um es heute besser zu machen.

VOLL50: Wann ist Vernunft mit voll50 sexy?

ANDREA STEINWENDER: Bei dieser Frage musste ich wirklich lange überlegen. Kann Vernunft sexy sein, für mich widerspricht sich das. Ich bin ein sehr gefühlvoller und emotionaler Mensch, der sehr oft aus dem Bauch heraus entscheidet. Natürlich entscheidet das Leben manchmal, dass Vernunft die bessere Wahl für einen selbst oder auch für das Umfeld, in dem man lebt, zu sein scheint, aber „Vernunft“ beschreibt eine sehr rationale Weise der Entscheidung, die ich vermeide, wenn es möglich ist. Muss ich der Vernunft folgen, geht „sexy“ verloren!

VOLL50: Welcher Stern hat dich bislang begleitet?

ANDREA STEINWENDER: Der Stern der Hoffnung. Oft ging es bergauf und bergab in meinem Leben, manchmal schien es keinen Ausweg zu geben, doch in meinem tiefsten Inneren hatte ich immer jede Menge Liebe, die mir auch immer wieder die Hoffnung zurückbrachte und mich stets durchs Leben geleitete.

VOLL50: An welcher Grenze scheiden sich mit voll50 die Geister?

ANDREA STEINWENDER: An einer von anderen gesetzten Grenze. Das Leben an sich setzt ja schon eine Grenze, die mit dem Tod endet. Ich denke, vor allem geistige Grenzen sollten wir meiden beziehungsweise überschreiten. Gegen diese Grenzen müssen wir ankämpfen, sie überschreiten und uns öffnen für Neues, Verständnis füreinander aufbringen und nicht gegeneinander arbeiten. Das fängt in der Familie an und zieht sich durch unser kulturelles und politisches Leben und nicht selten bringt es uns an unsere eigenen Grenzen.

„Gleichheit ist richtig – aber auch nicht“

Empfindsam ist nicht gleich empfindlich, und Parteilichkeit lohnt sich – vor allem mit voll50, sagt Angelika Gassner.

VOLL50: Ist Gleichheit richtig?

ANGELIKA GASSNER: Liberté, egalité, fraternité ist das Erste, was mir zu Gleichheit einfällt. Oder die Verzerrung dessen in Animal Farm: „All animals are equal, but some animals are more equal than others.“ Der nächste Gedanke, der auftaucht, ist die fehlende Gleichheit der Frau zum Beispiel in der katholischen Kirche – seit Jahrtausenden. Und wenn ich noch präziser nachdenke, dann bin ich mir nicht mehr sicher, ob Gleichheit das ist, was ich richtig finde. Eine andere Nuance wäre mir lieber: Gleich-Würdig-keit (eine Neukomposition, die es so nicht gibt). Wir sind alle mit einer unauslöschlichen Würde, einer „göttlichen“ Würde ausgestattet, die uns niemand nehmen können sollte – auch wenn es immer wieder geschieht, dass auf ihr herumgetrampelt wird. Meine Würde grenzt an deine Würde – darin sind wir „gleich“. Aber sonst bin ich gleich viel wert, aber doch nicht gleich wie du, wie Sie. Ich bin eben ein Individuum, ein Unikat – ich möchte nicht unbedingt gleich behandelt werden, wie jede und jeder andere, aber mit Würde, Respekt, Liebe, jedoch so, dass ich es als an mich angepasst empfinde, eben achtsam und persönlich, individuell. Ist Gleichheit richtig – ja schon, aber eben auch nicht. Kommt darauf an, ob ich dahinter noch als die (Einmalige) gesehen werde, die ich bin – trotz gleicher Würde.

VOLL50: Zu welcher Art von Verschiedenheit sollte man mit voll50 stehen können?

ANGELIKA GASSNER: Ich entspreche nicht den gängigen Idealen (von Größe, Gewicht, Haarfarbe, Lebensstil, Einstellung, Spiritualität …), die so gern in den Medien vertrieben werden, die der Tradition oder der Moderne entsprechen. Aber ich stehe zu meiner Art zu lachen, zu leben, zu arbeiten, Muße zu tun, zu glauben. Ich stehe zur Verschiedenheit, die mich ausmacht, die mich einzig macht, die mir entspricht, die authentisch ist. Nicht immer und nicht durchgehend, aber immer mehr und immer tiefer.

VOLL50: Worin liegt für Dich der Unterschied zwischen empfindsam und empfindlich?

ANGELIKA GASSNER: Wenn ich empfindlich bin oder du empfindlich bist, dann können Missverständnisse schnell zu Konflikten, Streit oder Kommunikations-Pause oder -Ende führen. Ich könnte Trotz, Ärger, Unverständnis, Schweigen erleben, wenn mein Gegenüber (zu) empfindlich auf etwas reagiert. Rückzug oder (positive wie negative) Auseinandersetzung könnten die Folge sein. Wenn ich empfindsam bin, dann wähle ich meine Worte mit dem Herzen, aus der Verbundenheit mit dir. Dann bin ich achtsam präsent und reagiere entsprechend sensibel. Ich höre Nuancen, ich sehe Tiefe, ich spüre Schwingungen und achte sie. Wenn du empfindsam bist, dann ist der Weg zu mir kürzer, sanfter, verständnisvoller, intensiver, lebendiger.

VOLL50: Welche Bewegung sollte mit voll50 auf keinen Fall weh tun?

ANGELIKA GASSNER: Die innere, die seelische Bewegung beziehungsweise Beweglichkeit sollte auf keinen Fall weh tun – zu keiner Zeit, aber besonders ab der Lebensmitte mit neuem Elan. Denn jetzt verändern sich die Themen nochmals, weg vom Fundament und Aufbau, hin zum Wesentlichen, der Mitte-Erfahrung und dann auch hin zu den letzten Dingen. Und dabei gilt es die gewonnenen Erfahrungen dankbar zu vermehren: indem sie sortiert, gewürdigt und liebevoll eingesetzt werden. Denn aus diesem Erfahrungsschatz setzt sich, wenn ich ihn auch wirklich als solchen wahrnehme, meine Lebensspur zusammen – ebenso meine Ausstrahlung, mein So-Sein und mein Profil. Die Bewegung des Herzens ist natürlich der der Seele verwandt. Sie gewinnt, wenn ich weiß, was mich nährt und beweglich hält. Herzgymnastik? Mein Herz weiten, stärken, nähren und dadurch an Fülle und Qualität gewinnen – wenn ich es immer wieder verschenke, kehrt es immer wieder bewegt zurück.

VOLL50: Wo leistest du dir Parteilichkeit?

ANGELIKA GASSNER: Partizipieren, teilhaben, Anteil nehmen, ein Teil sein von … Die Fülle des Lebens ist mir wichtig, die Auferstehungsqualität, die Lebensfreude und die Intensität des Seins und Tuns, die liebevolle Zuwendung … Eine offene, befreiende, inspirierende, heilsame Spiritualität lohnt sich immer, um das Leben dankbar zu feiern, zu genießen. Der Mensch kann so viel Gutes bewirken, wenn er achtsam, einfühlsam, empfindsam, sozial verbunden, dankbar und würdig lebt und leben lässt. Es täglich versuchen, an der Schönheit und Würde der Natur, des Menschen, des Göttlichen in mir teilzuhaben und es mit vielen zu teilen, dafür lohnt sich Parteilichkeit.

Foto: Robert Maybach©

„Zuhören, nachdenken, reagieren“

Vom Umarmen von Bäumen hält Silvia Tica weniger, dafür umso mehr von weichen Oberflächen und Tai Chi als Methode, ins Gleichgewicht zu kommen.

VOLL50: Woran erkennt eine Voll50-Frau ein schönes Wesen?

SILVIA TICA: Ein schönes Wesen hat das Merkmal, sich nicht zu vergleichen: es beneidet nichts und es gönnt von Herzen. Sich vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit. Ich glaube, dass jeder, der einigermaßen sensibel ist, diese Eigenschaften bei einem schönen Wesen heraus spürt, egal wie alt er ist.

VOLL50: Wie erlangst Du Dein (inneres) Gleichgewicht wieder?

SILVIA TICA: Eine wirklich gute Frage! Wenn ich in die Natur gehe, am liebsten mit meinem Hund,  kann ich einfach nur sein, ohne mir große Gedanken zu machen. Tai Chi ist für mich der nächste Schritt, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Das erdet einen vollkommen, man ist in seiner Mitte und es lösen sich plötzlich vermeintliche Probleme in Wohlgefallen auf. Das habe ich schon oft erlebt. Zudem weiß man dann genau, was zu tun ist, man ist fokussiert.

VOLL50: Wann muss man als Voll50-Frau auch mal steinhart sein?

SILVIA TICA: Steinhart, das klingt so drastisch, aber es gibt Situationen, die es einem abverlangen, eine klare Ansage zu machen und nicht winselnd von dannen zu ziehen, und sich dann hinterher zu ärgern, dass man seine Position nicht verteidigt hat. Man darf nur nicht in den Modus verfallen, an jedem und allem etwas zu kritisieren und seine Position durchzudrücken. Zuhören, nachdenken und dann reagieren.

VOLL50: Welche Oberfläche magst Du?

SILVIA TICA: Da kann ich ganz klar sagen: Oberflächen, die weich und fließend sind, wie ein Pullover, den man gar nicht mehr ausziehen möchte, weil er so angenehm ist.

VOLL50: Warum sollte man mit voll50 auch hin und wieder einmal einen Baum umarmen?

SILVIA TICA: Mit dem Baumumarmen ist das so eine Sache. Ich habe erst einen Baum umarmt, weil ich mal wissen wollte, was dann passiert. Ich halte es lieber mit dem Umarmen von Menschen, da spüre ich wirklich was.

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